Sinn und Zweck

Dieses Blog dient der Sammlung und Bereitstellung von Quellenmaterial, auf das ich bei meinen Forschungen zur europäischen Sattelzeit in Harz und Südharz stoße. Der Auswahlfokus liegt auf meinem Promotionsthema, der napoleonischen Zeit von 1807 - 1813, schließt aber auch eine Vielzahl von älteren Texten zur Rechts- und Verfassungssituation dieser Gegend ein, deren systematische Erschließung und Aufarbeitung bisher ein Desiderat der Forschung ist.



Regionalgeschichtlich liegt der Südharzer Raum im toten Winkel zwischen Thüringer und Niedersächsischer Landesgeschichte bzw. älterer preußischer Geschichtsschreibung, die das Gebiet aus eigenen, ideellen Zielsetzungen marginalisiert oder vernachlässigt haben. In der Region selbst besteht nur wenig Interesse an der Förderung und umfassenden Aufarbeitung von Zeugnissen der Landesentwicklung in Neuzeit und Moderne.

Dabei ist der Südharz als Forschungsgegenstand für die neuere Geschichte unbedingt fördernswert. Die ehemals hier belegene, reichsunmittelbare Grafschaft Hohnstein wurde im August 1593 mit dem Tod Ernst VII. von Hohnstein unter die benachbarten Fürsten aufgeteilt. Die Grafen führten eine lange Koexistenz mit den Herren von Schwarzburg, Stollberg, den Braunschweiger Linien, den Reichsstädten Mühlhausen und Nordhausen und den kurmainzischen Ämtern des Eichsfelds. Diese Massierung unterschiedlicher Landesherrschaften auf engstem Raum macht den Südharz zu einer strukturell und kulturell vielschichtigen Region.

Eine Untersuchung der Quellen zu Verwaltungs- und Verfassungssituation dieser Gebiete und ihrer Ortschaften würde eine neue Perspektive auf die unmittelbare Herrschaftsumsetzung in der neuzeitlichen Region zeigen. Mit neueren Forschungsansätzen zur Politik- und Verwaltungsgeschichte (Triangulierung, Raumforschung und Kulturgeschichte des Politischen) lassen sich grundsätzliche Fragen zu einer Bevölkerung stellen, die ihre lokale Verfassung mit wenigen herrschaftlichen Beamten weitestgehend selbst gestaltete, z.B. ob Untertanen ihre eigene politische Situation aktiv mitbestimmten, lange bevor die liberalen und demokratischen Ideen des Frühnationalismus kollektive Resonanz fanden.

Vor dem Hintergrund aktueller Probleme und Diskurse ist eine Beschäftigung mit den Herausforderungen, die der Prozess moderner Staatsbildung im 19. Jahrhundert an die Südharzer herantrug, gewinnbringend für das Verständnis politischer Handlungen, ihrer strukturellen und kulturellen Vorausetzungen und ihres historischen Wandels.



Die unzureichende Behandlung von Fragen der neueren Politik- Verwaltungs- und Kulturgeschichte in Harz und Südharz rührt allerdings nicht nur vom mangelnden Forschungsinteresse her. Für die Überlieferung von Quellen ist die regionale Kleinteiligkeit des Südharzer Raums ein zweifelhafter Segen und die Bestände sind über eine Vielzahl von Archiven verteilt, zu denen neben der verwirrenden Zuständigkeits- und Überlieferungsfrage ein erschwerter Zugang durch räumliche Distanz oder fehlende Digitalisate von Findmitteln kommt. Mangelnde Überblicksdarstellungen oder Kollektivbiographien zu den Strukturen und Akteuren vor Ort tun ihr übriges. Doppelt erschwert werden Recherchen durch die ohnehin dichte Überlieferungslage der napoleonischen Behörden und des vielfach unterschätzten historischen Werts vieler Aktengruppen, durch Unvollständigkeit der nämlichen Aktengruppen oder durch Sprachbarrieren.

Hauptsächlich um eine strukturgeschichtliche Basis für weitergehende Beschäftigungen mit dem Südharzer Raum zu schaffen, sollen hier Quellen, Bestandsübersichten und literarische Fundwerke zusammengeführt und zur Verfügung gestellt werden. Als Ziel steht der Überblick über die rechtliche, wirtschaftliche und kulturelle Verfasstheit des Südharzes vor und nach der Umgestaltung durch das preußische und westphälische Rechts- und Verwaltungssystem zu Beginn des 19. Jahrhunderts.